Wort zum Sonntag:

Gegen das Vergessen

Am Sonntag feiern wir einen Gottesdienst gegen das Vergessen. Erinnern wollen wir Wurzeln“ in unserer Gemeinde initiiert hat. Im Jahr 1933 wurden in über 70 Städten Bücher von Autoren verbrannt, die entweder jüdisch oder sonst wie dem damaligen Regime im Weg waren. Aber natürlich geht es uns nicht nur um die Historie, sondern auch darum, dass auch heute noch in diktatorischen Systemen Poesie, freie Gedanken, Kritik verboten werden. So wie gerade der iranische Rapper Toomay Salehi zum Tode verurteilt wurde, weil er das Regime in seinen Texten kritisiert hat.

In Abraham, unserem Glaubensvater sehen wir ein Vorbild. Das erste , was Gott ihm aufträgt, ist, dass er sich aufmachen soll, hinaus aus dem Vaterhaus in die Welt. Gott schickt ihn auf die Reise, damit er neue Perspektiven lernt, nicht nur in den alten Bahnen seiner Tradition denkt. Und Abraham ist unser Vorbild, weil er ein kritischer Geist bleiben wird. Selbst gegen Gott wird er kritisch fragen und ihn daran erinnern, dass er doch ein gerechter Gott ist. Es ist ein wunderbarer Gott, der sich kritisch fragen lässt und darauf eingeht, was Abraham ihn bittet. Wenn wir verantwortlich handeln wollen, dann einerseits im Vertrauen auf einen Gott, der uns in sein gelobtes Reich führen will und andererseits indem wir die Möglichkeit, unterschiedliche Perspektiven einzunehmen, nutzen und aus der Vielfalt der Schöpfung lernen, statt sie zu verbannen.

Pfarrerin Sonja von Kleist (Markuskirche Kempten)

Wort zum Sonntag in der Allgäuer Zeitung, 4./5. Mai 2024

 

Aus Alt mach Neu

Upcycling liegt gerade voll im Trend: „Aus Alt mach Neu“ lautet ein modernes Motto unserer Tage, bei dem es darum geht, aus alten Sachen neue, trendige Dinge zu erschaffen oder aus Müll etwas Sinnvolles zu kreieren. Die Idee, die dahintersteckt, ist sehr nachhaltig. Es geht darum, unserer Wegwerfgesellschaft etwas entgegen zu setzen und weniger Müll zu produzieren.

„Aus Alt mach Neu“ lautet auch das Motto hinter dem Spruch der Woche aus der Bibel: „Wenn jemand zu Christus gehört, gehört er schon zur neuen Schöpfung. Das Alte ist vergangen, etwas Neues ist entstanden!“ (2. Kor. 5, 17)

Auch hier geht es um ein sehr nachhaltiges Projekt. Der Schreiber dieser Worte geht nämlich davon aus, dass wir Menschen den Hang dazu haben, für uns selber zu leben. Uns um uns selber zu drehen und nur auf das zu sehen, was uns Vorteil bringt und was uns dient. Wenn wir ehrlich sind, dann sind wir oft sehr egoistisch, oder nicht?

Die Herausforderung besteht nun darin, nicht mehr für sich selber zu leben, sondern für andere. Nicht nur an sich zu denken, sondern eine neue Perspektive einzunehmen und zu überlegen: Wie kann ich für andere da sein? Das weitet unseren Blick – weg von mir, hin zu dem anderen.

Menschen gegenüber gelingt das mal besser und mal nicht so gut; trotzdem lohnt es sich auf jeden Fall, das immer wieder auszuprobieren. Der Schreiber dieser Worte bringt aber noch jemand anderen ins Spiel: Christus! Er ist davon überzeugt, wenn Jesus in das Leben eines Menschen tritt, bzw. treten darf, dann verändert sich etwas Entscheidendes. Dann wird aus Alt Neu!

Und jetzt bemühen wir noch einmal den oben bereits erwähnten „Müll-Gedanken“. In der Bibel heißt es weiter: „In Christus war Gott selbst am Werk, um die Welt mit sich zu versöhnen. Er hat den Menschen ihre Verfehlungen nicht angerechnet!“ Verfehlungen sind im Grunde „Müll“. So wie wir aus wertlosem Abfall etwas Neues entstehen lassen können, so kann und will Gott aus unseren Verfehlungen etwas Neues entstehen lassen: Er will vergeben; er will neu machen – zunächst die Beziehung zwischen ihm und uns; und in der Folge auch die Beziehungen zwischen uns und unseren Nächsten.

Erneuerung und Versöhnung fängt also letztlich immer bei mir an!

Eine gesegnete neue Woche wünscht Ihnen
Ihr Pfarrer Sebastian Strunk (Altusried)

Wort zum Sonntag in der Allgäuer Zeitung, 20./21. April 2024